Klaus Huber war als Komponist, Musikschriftsteller und hoch geachteter Lehrer eine prägende Figur der Musik nach dem Zweiten Weltkrieg – eigenwillig, keiner Schule zugehörig, traditionsbewusst und innovativ, ein akribischer Handwerker, spekulativer Geist und leidenschaftlicher Kämpfer für eine humanere Welt.
Sein umfangreiches Werk umfasst alle Gattungen und Mischformen von Kammer- und Orchestermusik über Vokalwerke aller Besetzungen bis zum großen Oratorium und zur Oper. Werke mit religiösem und politischem Gehalt stehen neben technisch herausfordernden instrumentalen Kompositionen, viele mit introvertiertem Charakter. Seine tiefe Überzeugung, dass Musik ein Mittel der menschlichen Kommunikation ist, hat sich auch in zahlreichen Werken zum Gebrauch in Kirche und Schule niedergeschlagen, die von Laien und Semiprofessionellen aufführbar sind.
Die enorme Weite seines künstlerischen Horizonts zeigt sich unter anderem darin, dass er sich in den Siebzigerjahren den lateinamerikanischen und ab 1990 den arabischen Kulturen zuwandte und mit arabischen Tonskalen und Dritteltönigkeit arbeitete. In den letzten beiden Lebensjahrzehnten vertiefte er sich zunehmend in die kunstvollen Polyphonien von Renaissancekomponisten wie Johannes Ockeghem und Josquin Desprez.
Autoren wie Ernesto Cardenal, Mahmoud Darwish und Ossip Mandelstam inspirierten ihn zu bedeutenden Werken. Texte von Frauen vertonte er lange bevor das zu einem öffentlichen Diskussionsthema wurde. Zu den Autorinnen gehören Hildegard von Bingen, Mechtild von Magdeburg, Catharina Regina von Greiffenberg, Tereza de Avila und Simone Weil.
Die Musik von Klaus Huber ist kulturen- und epochenübergreifend. Mit ihrer Verbindung von poetischer Kraft, wachem gesellschaftlichem Bewusstsein und kompositorischer Disziplin nimmt sie eine einzigartige Stellung in der Musik des letzten halben Jahrhunderts ein.
Max Nyffeler
Foto: Katrin Rabus, 1999