Farzia Fallah
»Besorgnis der Sperlinge« (2013/14)
für Blockflöte und Elektronik

Luisa Klaus – Blockflöte
Farzia Fallah – Klangregie

CHEN Chengwen – Tonaufnahme
Tobias Klich – Filmische Interpretation (2015-16)

13:50

Gefördert durch das Filmbüro Bremen e.V. aus Mitteln des Senators für Kultur sowie durch die Waldemar Koch Stiftung, in Kooperation mit der Hochschule für Künste Bremen.

»Wie entfernt bin ich von der Herrlichkeit des Baumes
und meine Fußspuren sind nicht in der Wahrheit des Gartens enthalten.
Wie entfernt sind meine Augen von der Besorgnis der Sperlinge!
Wie fremd!«

(Sohrab Sepehri)

Eine zunehmende Entfremdung des Menschen, nicht nur von der ihn umgebenden Natur, sondern ebenso von sich selbst, ist im dichterischen Œuvre des iranischen Künstlers Sohrab Sepehri (1928–1980) stets präsent. Sich ihr auf poetische Weise zu nähern, sie in sprachliche Bilder zu fassen, bedeutet im vorliegenden Gedichtausschnitt auch die distanzierte Position gegenüber der Moderne und einer zunehmenden Technologisierung der Welt – Faktoren, die sich, gemäß Sepehri, einer direkten Wahrnehmung der natürlichen Umgebung in den Weg stellen. So offenbart sich die Besorgnis der Sperlinge als etwas dem Menschen unvorstellbar Fremdes, nicht zu Fassendes. Die dabei entstehende Konfrontation mit sich selbst ist eine der zentralen Aspekte der Komposition von Farzia Fallah.

Besorgnis der Sperlinge für Blockflöte und Elektronik entstand zwischen 2013 und 2015 in mehreren Arbeitsphasen und war von Anfang an als enge Kooperation zwischen Komponistin und Interpretin, als »Forschungsprojekt« zu den Grenzen und Grenzerweiterungen der Blockflöte und ihren klanglichen Möglichkeiten angelegt. Das gegensätzliche Spiel von Nähe und Distanz, von Innen und Außen äußert sich in zerrissenen, fragmentarischen Motiven und in extremen dynamischen Unterschieden. Gegen Ende des Stückes wird die Spielerin oder der Spieler zudem einer elektronischen Zuspielung gegenübergestellt, welche aus Elementen des Anfangs und damit aus eigenen Gedanken besteht. Zugleich bedeutet die technische Transformation des Eigenen auch eine Erweiterung – ein Aspekt, der durch die sogenannten multiphonics der Blockflöte bereits eingeführt ist. Auch verbinden stets wiederkehrende Töne, die nur mittels geschlossenem Schalltrichter erzeugt werden können, diese klangliche Ausdehnung mit einem physischen Aufwand und zugleich mit einer Geste, die sich reflexiv nach innen richtet.

Auch auf filmischer Ebene begegnet die Interpretin sich selbst und dem statischen Gegenüber des Tonbandes in surrealen Spiegelungen, Dopplungen und Spaltungen. Extreme Nahaufnahmen aus ständig wechselnden Perspektiven eröffnen dabei eine besondere Nähe zur körperlichen Intensität des Musizierens.

1. Januar 2016